Haushaltsrede der CDU (Haushalt 2021/22)

9. Dezember 2020

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Ratskolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt sagte einmal: „Wer erwartet, dass andere ihm auf seinem Weg folgen, muss bereit sein, die Führung zu übernehmen“. In diesem Sinne sind wir 2019 zur Kommunalwahl angetreten, bei der uns die Bürgerinnen und Bürger von St. Ingbert ihr Vertrauen geschenkt und uns zum wiederholten Mal zur deutlich stärksten Fraktion im Stadtrat gewählt haben. Dafür möchte ich mich im Namen unserer Fraktionsmitglieder ganz herzlich bedanken. Wir sind uns der Verantwortung dieses Mandates bewusst. Ebenso möchte ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen und der Familien-Partei für ihre Bereitschaft bedanken, die seit 2014 mit uns bestehende und auf vertrauensvoller Zusammenarbeit beruhende Koalition fortzusetzen, um St. Ingbert gemeinsam voranzubringen.

Mit dem im letzten Jahr mit sehr deutlicher Mehrheit gewählten Oberbürgermeister Ulli Meyer ist auch wieder der Respekt vor politischen Gepflogenheiten und den Rechten des Stadtrates in unsere Stadt zurückgekehrt. Erster Ausdruck der gemeinsamen Arbeit von Rat und Verwaltung war dann konsequenterweise die Wahl von vier Beigeordneten. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass unsere Fraktion der SPD-Fraktion im letzten Jahr die Position eines Beigeordneten angeboten hatte; dieses Angebot, Verantwortung in unserer Stadt zu übernehmen, wurde bedauerlicherweise von der SPD-Fraktion abgelehnt. Die gewählten Beigeordneten bringen seitdem ihre unterschiedlichen Kompetenzen ein und fungieren als die erhofften wertvollen Bindeglieder zwischen Rat und Verwaltung. Auch Ihnen gebührt gemeinsam mit OB Meyer unser Dank für die geleistete, sicherlich nicht immer einfache Arbeit.

Diese Zusammenarbeit trägt auch bereits Früchte: St. Ingbert wird im Saarland wieder als attraktive Stadt wahrgenommen, in der zusammen gearbeitet wird und wo Projekte angepackt und angesetzt werden. So wäre die Entscheidung der Landesregierung, den CISPA-Innovation Campus in St. Ingbert anzusiedeln, noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. Alle genannten aus Rat und Verwaltung eint der unbedingte Wille, diesen Weg auch in den kommenden Jahren weiter zu beschreiten.

Nun steht der Doppelhaushalt 2021/22 zur Verabschiedung an, mit dessen Verabschiedung ein hohes Maß an Verantwortung verbunden ist. Der Stadtrat entscheidet heute über die Zukunft der Stadt, beschließt, verschiebt oder streicht Projekte und Vorhaben, stellt Weichen für die zukünftige Attraktivität und finanzielle Schlagkräftigkeit unserer Heimatstadt St. Ingbert. An dieser Stelle geht der besondere Dank unserer Fraktion, und wie ich meine aller Ratsmitglieder, an Herrn Detemple und sein Team, aber natürlich auch an die vielen weiteren Mitarbeiter der Verwaltung, die den Haushaltsentwurf von mehreren hundert Seiten wieder einmal vorbereitet und die vielen Fragen zu Zahlen und Einzelheiten geduldig und verständlich beantwortet haben.

Fast unnötig, die aktuellen globalen und generellen Rahmenbedingungen zu erläutern: eine Pandemie mit noch nie dagewesenen und in ihrer Gänze noch vollkommen unabsehbaren Einbrüchen der Wirtschaft und damit verbunden der kommunalen Gewerbesteuern, die auch durch die dankenswerterweise von den CDU-geführten Regierungen in Bund und Land bereitgestellten Hilfen nicht ausgeglichen werden können. Dazu kommen weitere Ausfälle im Einkommensteuerbereich, da viele Arbeitnehmer durch ihre Arbeitgeber in Kurzarbeit geschickt wurden. Der Handelskrieg zwischen den USA und China. Die immer noch offene Frage nach der Gestaltung des Brexits. Durch diese und weitere Einflüsse wie die künftige Entwicklung der Kreisumlage gestalten sich die finanziellen Rahmenbedingungen für den anstehenden Doppelhaushalt, aber auch für die kommenden Jahre, als extrem schlecht oder um den Begriff unseres Kämmerers aufzugreifen, als „desaströs“.

Nun gibt es verschiedene Ansätze mit dieser Situation umzugehen. Man kann es natürlich machen wie die SPD-Fraktion und eine populistische Angsthasenpolitik betreiben, gepaart mit dem bereits gewohnten Griff in die ideologische Mottenkiste. Einige Beispiele: Ausweislich der den Sitzungsunterlagen beigefügten Anfrage an das Landesverwaltungsamt hat die SPD-Fraktion in der Haushaltssitzung des Finanzausschusses die von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer abgelehnt. Konkrete Vorschläge zur Gegenfinanzierung seitens der SPD-Fraktion? Fehlanzeige. Stattdessen solle die Verwaltung einfach irgendwo einsparen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD: es geht hier um einen Betrag von über zwei Millionen Euro. Der SPD-Fraktion muss bewusst gewesen sein, was dieser Vorschlag bedeuten würde; die Verwaltung hatte es in der Sitzungsvorlage klar aufgeführt: massive Kürzungen bei freiwilligen Leistungen bis hin zu Schließungen von Einrichtungen. Stadtbücherei. VHS. Musikschule. Zuschüsse zu Vereinen. Kulturelle Veranstaltungen. Um nur einige zu nennen.

Auch Eure Bemerkung, die Anhebung des Grundsteuerhebesatzes sei „unrechtmäßig“ ist bemerkenswert. Dazu sei Euch ein Blick in die Gemeinde Gersheim empfohlen. Vielleicht haltet Ihr einmal Rücksprache mit Eurem dortigen SPD-Bürgermeister. Das würde sicherlich erhellende Einblicke bringen.

Schließlich geht auch der öffentliche Vorwurf, die Verwaltung habe keinen Sparwillen gezeigt, an der Realität vorbei: wie mehrfach in den Sitzungsunterlagen aufgeführt und auch von Kämmerer Detemple sowie OB Meyer mündlich vorgetragen, gab es mehrere Runden innerhalb der Verwaltung, die zu Einsparungen im siebenstelligen Bereich geführt haben. Auch das anstehende Personalentwicklungskonzept habt Ihr „vergessen“. Realsatire übrigens, den mangelnden Sparwillen anzuprangern und gleichzeitig in einer Pressemitteilung, den „überstürzten Auszug der VHS“ zu kritisieren; auch das war schon lange seitens der Verwaltung kommuniziert. Ihr müsst Euch entscheiden: soll die Verwaltung nun Sparvorschläge machen oder nicht?

Zu guter Letzt Euer Griff in die ideologische Mottenkiste der sozialistischen Schwarz-weiß-Politik. Kurz gesagt: Erhöhung Grundsteuer böse, Erhöhung Gewerbesteuer gut. Auch das geht vollkommen an der Realität vorbei. Unser Kämmerer hat es gerade eben wieder vorgerechnet: Für kleine Wohnungen und Einfamilienhäuser (ein Anteil von 51 Prozent) steigt die Grundsteuer monatlich zwischen zwei und sieben Euro. Für weitere 31 Prozent steigt die monatliche Belastung zwischen sieben und zwölf Euro. Somit tragen 82% der Grundsteuerzahler lediglich 38% Prozent des Gesamtaufkommens. Dagegen tragen die obersten fünf Prozent der Grundsteuerzahler 40 Prozent des Gesamtaufkommens; das, liebe SPD-Fraktion, betrifft die Unternehmen, die große Firmengebäude, Produktionsflächen und Firmengelände unterhalten. Davon zu sprechen, die Grundsteuer betreffe ausschließlich nur den Normalbürger und schone die Unternehmen ist somit sachlich falsch. Darüber hinaus: Wie in den Sitzungen mehrfach und auch gerade eben nochmals deutlich gemacht wurde, würde eine Erhöhung der ohnehin überaus volatilen Gewerbesteuer auch absehbar dazu führen, dass große Gewerbesteuerzahler ihre Gestaltungsmöglichkeiten nutzen und damit der Stadt Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen im zweistelligen Millionenrahmen verloren gehen könnten; von nicht erfolgenden Ansiedlungen gar nicht zu reden. Damit läuft St. Ingbert Gefahr, sich in die Reihe der Pleitekommunen im Saarland einzureihen. Kann das Euer Ziel sein?

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion: sicherlich nicht alle, aber eine offenkundige Mehrheit bei Euch hat sich für eine Politik entschieden, die auf den Applaus des Tages zielt. Verantwortung durch einen Beigeordneten übernehmen wolltet Ihr nicht. Dann verabschiedet Euch wenigstens von populistischen Ansätzen und steht zu Eurer Verantwortung für diese Stadt. Unsere Hand für eine konstruktive Zusammenarbeit bleibt ausgestreckt; ergreifen müsst Ihr sie.

Sehr geehrte Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat sich für einen anderen Weg entschieden: den, einer verantwortungsvollen und seriösen Politik für unsere Stadt. Auch wir haben fraktionsintern lange und intensiv diskutiert; niemand erhöht gerne Steuern, schon gar nicht unter den aktuellen Bedingungen. Aber wie es der ehemalige Bundespräsident Walter Scheel ausdrückte: „Es kann nicht die Aufgabe des Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen.“ Wir sind angetreten, um Verantwortung zu übernehmen und den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt die Wahrheit zu sagen. Unsere Aufgabe wird es gemeinsam mit der Verwaltung daher nun sein, den Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, dass sich dieser Weg für unsere Heimatstadt auszahlen wird. Belohnt wurde er übrigens schon: im Gegensatz zur SPD-Fraktion haben wir den Haushalten 2014/15 und 2016/17 zugestimmt. Das war die Grundlage dafür, dass St. Ingbert im Rahmen des Saarlandpaktes für eine seriöse Haushaltspolitik belohnt wurde: in den kommenden Jahren werden so zusätzliche knapp zwei Millionen Euro aus Landesmitteln in unsere Stadt fließen, die wir unter anderem für die Sanierung von Schulen und die Schaffung von Kindergartenplätzen sehr gut gebrauchen können.

 

Was erwartet uns nun im kommenden Doppelhaushalt:

Der Haushalt 2021/22 ist bereits der vierte Haushalt, der unter der Verantwortung der CDU-geführten Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen und der Familien-Partei beschlossen wird. Es ist aber der erste Haushalt, beim dem unsere Fraktionen von Anfang an vom Oberbürgermeister einbezogen wurden und wir daher in der Lage waren, über die vom Rat gewählten Beigeordneten unsere Schwerpunkte frühzeitig einzuspielen; der Entwurf trägt somit auch klar unsere Handschrift. Die Mehrheitskoalition hat dabei in den Doppelhaushalten seit 2015 einen Weg hin zu massiven Investitionen in Grundschulen, Kindergärten, Ausbau der Nachmittagsbetreuung sowie der Infrastruktur in allen Stadtteilen eingeschlagen. Diesen Weg werden wir im anstehenden Haushalt konsequent weitergehen. Dies erfordert einen Spagat zwischen kostenbewusstem Handeln und zukunftsweisenden Investitionen.

Einige wenige Beispiele für Projekte der kommenden Jahre: der massive Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten durch diverse Erweiterungen bestehender oder Neubau weiterer Kindertageseinrichtungen sowie der freiwilligen Ganztagsbetreuung im Grundschulbereich, um Eltern durch qualitativ herausragende Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Die bald beginnende Sanierung der Südschule, ein millionenschweres Projekt, wie es unsere Stadt bislang kaum gesehen hat. Die Digitalisierung von Schulen und Verwaltung. Die Verbesserung von Spielplätzen durch neue Spielgeräte. Die Attraktivitätssteigerungen der GC-Anlage unter anderem durch den nach Jahren des Stillstands nun endlich erfolgenden Abriss der ehemaligen Tischtennishalle oder hoffentlich bald des Alten Hallenbades. Die Umwandlung der ehemaligen JVA zur Musikschule. Eine Aufwertung der Innenstadt durch die angedachte Wohnbebauung auf dem ehemaligen WVD-Gelände und die Umsetzung des erstellten Mobilitätskonzepts für alle Arten von Verkehrsteilnehmern. Damit verbunden auch deutliche Verbesserungen für den Radverkehr und eine zukunftsfähige Gestaltung des ÖPNV. Investitionen in die freiwillige Feuerwehr durch den Baubeginn des neuen Gerätehauses in Rohrbach oder die Anschaffung neuer Löschfahrzeuge. Die Anpassung der Friedhöfe an aktuelle Bedürfnisse zum Beispiel durch zusätzliche Urnenwände. Unterstützung von Vereinen und noch bessere Information der Bürgerinnen und Bürger zu geplanten Projekten; für letzteres haben wir durch unseren Antrag die finanziellen Mittel nochmals erhöht. Soweit einige Beispiele von vielen.

Sie sehen, es geht wieder voran in St. Ingbert. Dennoch: vieles bleibt zu tun, ich nenne hier das Projekt Baumwollspinnerei oder den kommenden Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung im Grundschulbereich. Die Weiterentwicklung der Verwaltung hin zu einem bürgernahen Dienstleister. Die Ansiedlung weiterer Unternehmen und damit verbunden die Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze. Und ganz wichtig auch die Notwendigkeit zur weiteren Schaffung von Wohnraum in allen Preisklassen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind überzeugt davon, dass der kommende Doppelhaushalt unsere Stadt trotz der extrem schwierigen Rahmenbedingungen voranbringen wird. Er legt den Grundstein, um unser St. Ingbert auch in den kommenden Jahren auf finanziell belastbare Beine zu stellen, ohne auf Kosten der folgenden Generationen zu leben oder bestehende Arbeitsplätze zu gefährden. Wir begreifen die aktuelle Krise als Chance, die wir gemeinsam mit Oberbürgermeister Ulli Meyer und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für St. Ingbert nutzen möchten, damit unsere Heimatstadt für alle Generationen noch attraktiver, noch moderner und noch lebenswerter wird.

Wir werden daher dem vorliegenden Haushaltsentwurf mit den von uns eingebrachten Änderungen zustimmen.

Dr. Frank Breinig (Fraktionsvorsitzender)